Munich Cowboys Präsident Werner L. Maier informiert über Sachstand
Nachdem sich die aktuelle Lage im American Football in Deutschland nicht immer eindeutig und transparent darstellt, informiert Munich Cowboys Präsident Werner L. Maier im Interview mit Munich Cowboys Media über den Standpunkt der Münchner und Hintergründe, die zu den Entscheidungen geführt haben.
Munich Cowboys Media (MCM): Wie ist die aktuelle Situation in der GFL?
Präsident Werner L. Maier (WLM): Derzeit ist der Verband damit befasst, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Mannschaften, die eine Saison nicht spielen können, straffrei dieses Jahr nicht antreten müssen. Die bisherigen Regelungen sahen für diesen Fall vor, dass neben einer Strafe auch der Zwangsabstieg aus den Lizenzligen zu erfolgen hat. Dieses Ergebnis ist aufgrund der aktuellen Pandemie nicht sachgerecht, da sicher niemandem hier ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Anderenfalls soll den Mannschaften, denen ein Spielbetrieb noch möglich sein könnte, diese Möglichkeit bewahren.
MCM: Die Munich Cowboys zählen zu der Gruppe der ‚Willigen‘, wie es Ligasprecher Dalkowski ausdrücken würde. Heißt das, dass wir unter allen Umständen 2020 noch einen Spielbetrieb umsetzen wollen? Welche Risiken wären die Munich Cowboys bereit eingehen?
WLM: Vorab finde ich den Begriff der „Willigen“ etwas unglücklich, da sicher alle Mannschaften gerne spielen würden, aber wohl nicht alle Teams dazu in der Lage wären. Damit geht es weniger um das Wollen. Wir wollen uns so lange wie möglich eine Option zur Ligateilnahme offen halten und es gibt aus unserer Sicht noch keine Notwendigkeit zur Absage zum jetzigen Zeitpunkt.
Wir sind in der glücklichen Lage, konzeptionell so aufgestellt zu sein, dass wir einerseits nicht darauf angewiesen sind, erst eine Vielzahl von Spielern aus dem Ausland zu holen, damit wir überhaupt spielfähig sind. Wir bauen traditionell vorrangig auf unseren lokalen Spielerstamm und sind deshalb nicht so anfällig wie andere Teams, denen jetzt Reisebeschränkungen für einen Großteil des Teams Probleme bereiten. Importspieler stellen bei uns eine ganz gezielte Verstärkung des Kaders dar und es sind deshalb bei uns wenige sogenannte Imports beschäftigt. Diese hielten sich bereits vor dem Beginn der Corona-Krise in München auf und wir haben es geschafft, dass wir diese Spieler nicht in eine Ungewissheit ohne Krankenversicherungsschutz wieder in ihr Heimatland zurück schicken mussten.
Andererseits haben wir über viele Jahre immer sehr vorsichtig die Budgetplanungen vorgenommen, so dass die Einnahmen so projektiert wurden, dass auch immer mal ein Ausfall kompensiert werden kann. Es kann immer passieren, dass mehrere Heimspiele wegen schlechtem Wetter deutlich weniger besucht werden, als vorhergesehen, oder auch ein Spiel ganz ausfällt. Wir hatten vor einigen Jahren die schmerzliche Erfahrung des OEZ-Anschlages. Deshalb planen wir gerade bei den Zuschauereinnahmen immer sehr konservativ. Die andere Seite sind die Ausgaben. Diese müssen bei einer seriösen Planung immer geringer gehalten werden, als die möglichen Einnahmen, um eine Überschuldung auszuschließen. Zudem sollten langfristige Verträge mit hohen Kosten vermieden werden, da sich eine Einnahmensituation über einen längeren Zeitraum auch verändern kann. Diese Grundsätze haben sich bewährt. Aufgrund der aktuellen Situation konnten wir Kosten reduzieren und sind so in der Lage, die gegenwärtige Situation zu bewältigen und zudem wären wir auch in der Lage, auch eine verkürzte Saison noch ab September mit weniger Spielen zu bestreiten.
Gerne würden wir dieses Jahr noch allen unseren Mannschaften einen Spielbetrieb anbieten. Dies entspricht unserem Satzungszweck und wird auch von der überragenden Mehrheit unserer Mitglieder so gewünscht. Wirtschaftlich sind wir dazu in der Lage, soweit Zuschauer zugelassen sind.
Selbstverständlich müssen aber die gesundheitlichen Risiken und wirtschaftlichen Möglichkeiten genau geprüft werden. Wir müssen uns explizit an die Vorgaben der Behörden halten. Diese Stellen geben uns vor, welche Form des Trainings und eines etwaigen Spielbetriebes möglich sein werden. Soweit dies rechtlich möglich ist, wollen wir es den Mitgliedern anbieten. Unsere Verantwortung als Verein ist es, auf die Einhaltung aller Hygienekonzepte beim Training und etwaigen Spieltagen genauestens zu achten und dieses werden wir selbstverständlich auch machen.
Sollte ein Spieltag aufgrund der behördlichen Vorgaben nicht möglich sein, wird es dieses Angebot an die Mitglieder, Sponsoren und Fans leider nicht geben.
MCM: Eigentlich waren ja Fristen zwischen den GFL Footballvereinen vereinbart. Diese sind verstrichen, ohne dass Entscheidungen getroffen wurden. Warum ist das so?
WLM: Wir hatten auf einer Onlinesitzung aller 32 GFL und GFL2-Mannschaften im Mai den Weg abgesteckt und das Präsidium um eine Änderung der bestehenden Lizenzstatuten und der Bundesspielordnung gebeten, die einerseits u.a. den straffreien Ausstieg – und andererseits auch eine Spielbetrieb ab dem September ermöglicht. Voraussetzung hierfür war jedoch, dass dann auch alle Mannschaften gegenüber dem AFVD erklären, dass sie im Fall der Änderung den Verband auch aus der Haftung entlassen für diese nachträglichen Änderungen. Dieser Prozess der Haftungsfreistellung des Verbandes für die gewünschten Änderungen hat sich jedoch in der Praxis seitens der Mannschaften bis Ende Juni hingezogen und insoweit waren die vormals beabsichtigten Fristen für die Entscheidung der Mannschaften für einen Ausstieg oder einen Spielbetrieb ab September nicht zu halten. Die Frist für eine Ausstiegserklärung muss nun seitens des Verbandes angepasst werden.
Weiterhin fest steht aber der Stichtag 25.7.2020. Um überhaupt an einen Spielbetrieb ab dem September denken zu können, müssen zu diesem Zeitpunkt bereits klar definierte Voraussetzungen erfüllt sein.
Diese sind
1. Vollkontakttraining der vollständigen Mannschaft
2. Großveranstaltungen ohne Beschränkungen ab dem September
3. Wegfall der Reise- und Einreisebeschränkungen.
Alle Bedingungen sind derzeit noch nicht vollständig erfüllt. Aber die fortschreitenden Lockerungen der letzten Wochen und die Verhandlungen über Hygienekonzepte bei Großveranstaltungen, die dann deutlich mehr Zuschauer ermöglichen als dies derzeit noch der Fall ist, machen dies nicht gänzlich zum Stichtag unmöglich und insoweit werden wir den Stichtag abwarten und dann entscheiden. Wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind, kann es keine Saison geben, denn es wäre nicht verantwortbar, Spieler auf das Feld zu lassen, die keine ausreichende Vorbereitungszeit hatten.
MCM: Offensichtlich sind die Interessen der Vereine in der Liga sehr verschieden. Welche Interessen haben die Munich Cowboys im Speziellen? Sind wir mit diesen Interessen alleine?
Problematisch zeigt sich wieder einmal, dass die Mannschaften in der GFL und GFL2 sehr unterschiedlich organisiert sind. Es gibt eine Mehrzahl von Mannschaften in den Lizenzligen, die von einem eigenen Verein betrieben sind. Hier sind Entscheidungen meist sehr schnell und auf kurzem Wege einzuholen. Und auch die Munich Cowboys sind ein eigenständiger Verein, dessen Vereinszweck durch die Vereinssatzung klar vorgeben wird und hier gilt es erst einmal, den Football- und Cheerleadingsport der Mitglieder zu fördern. Mit diesem Interesse sind wir also in der Mehrheit in unserer Liga.
Dann gibt es Mannschaften, die lediglich Abteilung eines Mehrspartenvereins sind. Es entscheidet dann eine Abteilung über ihre eigenen Angelegenheiten. Diese Entscheidung muss dann aber erst noch vom Vorstand des Hauptvereins abgesegnet werden, um wirksam zu werden. Dieser Vorstand ist aber oft auch nicht im Detail und vollumfänglich mit den Angelegenheiten einer einzelnen Abteilung befasst und eine Entscheidung bedarf dann weiterer Informationen und Aufklärungen. Insgesamt benötigt dieser Prozess üblicherweise deutlich länger. Auch diese Mannschaften verfolgen vorrangig den Satzungszweck der Sportförderung.
Dann gibt es die Konstellation, bei der eine einzelne Mannschaft über eine ausgegliederte Gesellschaft betrieben oder vermarktet wird. Diese Konstellation stellt auf den ersten Blick die professionellste Form dar und sie dient vorrangig der Vermarktung der Mannschaft als Marke. Zahlreiche Spieler und Trainer dieser Mannschaften sind dann Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft. Diese Betriebsgesellschaften werden teilweise auch von Vertretern eines großen Sponsors oder einer Einzelperson vertreten. Insoweit stehen hier vorrangig wirtschaftliche Belange im Vordergrund und der eigentliche satzungsgemäße Vereinszweck, sprich die Förderung eines Sports, ist nachrangig. Es geht um die Vermarktung, die Erzielung von Gewinnen. Dies ist Zweck eines Wirtschaftsbetriebes. Folge dieser Konstellation ist auch, dass ein Verein sehr abhängig ist von den Entscheidungen eines Sponsors, der eine Betriebsgesellschaft finanziert und auch teilweise selber führt und der eigentliche Vereinszweck entspricht nicht dem Zweck der Betriebsgesellschaft.
Es ist somit sehr schwierig, alle diese unterschiedlichen Interessenlagen – vorrangig Sport oder vorrangig Gewinnerzielung durch die Vermarktung des Sports – unter einen Hut zu bekommen.
MCM: Steht wirtschaftlicher Druck hinter der Entscheidung, 2020 spielen zu wollen? Wie steht der Verein aktuell da?
WLM: Glücklicherweise haben wir nicht den wirtschaftlichen Druck, im Jahr 2020 spielen zu müssen. Ganz im Gegenteil, nachdem wir einerseits Mitgliedsbeiträge erzielen und andererseits ein Ligabetrieb als größter Kostenfaktor nicht erfolgt, könnte man leicht sagen, wir spielen nicht und am Jahresende ist ein Guthaben vorhanden. Der reine Trainingsbetrieb kostet deutlich weniger, als ein zusätzlicher Spielbetrieb. Dies wollen wir aber natürlich nicht.
Wenn wir im Jahr 2020 spielen können, dann würden wir es machen, um dies unseren Mitgliedern anbieten zu können. Zudem haben wir zahlreiche Fans, Partner und Sponsoren. Diesen gegenüber haben wir uns verpflichtet, eine Leistung in der Form von Spieltagen zu erbringen. Bislang haben alle Partner und Sponsoren uns ihre Unterstützung zugesagt und auch für den Fall, dass wir dieses Jahr nicht mehr spielen könnten, würde eine Rückforderung von Sponsorenleistungen nicht erfolgen. Hierfür kann man sich nur bedanken und diese fantastische Unterstützung macht uns natürlich eine Entscheidung über einen Spielbetrieb einfacher, da sie eben jegliche wirtschaftliche Zwänge aus der Rechnung nimmt.
Auch haben wir von zahlreichen Mitgliedern und Fans bereits einige Unterstützung erhalten. Durch unsere Spendenaktionen konnten wir uns ein kleines finanzielles Polster schaffen, dass uns in den nächsten Wochen sicher hilfreich sein wird und es nimmt weiteren wirtschaftlichen Druck. Auch hierfür gilt unsere Dankbarkeit.
Ausgehend von der Entscheidung Ende Juli werden wir dann noch unseren zahlreichen Dauerkartenkunden ein konkretes Angebot machen, wie wir mit den Dauerkarten der Saison 2020 umgehen werden, da diese ja auch im Falle eines Spielbetriebes 2020 nicht den Leistungsumfang erreichen werden, wie dies ursprünglich geplant war. Wir werden sicher eine gute Lösung für jeden Einzelfall hier anbieten können.
Aber nochmals: Ziel ist es, noch einen Spielbetrieb 2020 zu ermöglichen und selbst wenn eine Liga nicht möglich sein sollte, wäre jedes Freundschaftsspiel in diesem Jahr noch ein wichtiges Lebenszeichen für die Sportart in München im Allgemeinen und der Munich Cowboys im Konkreten.
MCM: Ein kleiner Ausblick auf die nähere Zukunft: Wie beurteilen die Munich Cowboys die weitere Entwicklung?
WLM: Die Entwicklung für die Saison 2020 haben wir bislang mit der notwendigen Ruhe und gebotener Gelassenheit beobachtet und unsere Entscheidungen nach langer Abwägung getroffen. Panik, Hektik und bloßer Aktionismus, wie er teilweise in anderen Bereichen unserer Gesellschaft und auch im Sport ausgebrochen ist, erscheint nicht sinnvoll. Selbstverständlich sehen wir die gegenwärtige Situation als enorme Herausforderung gerade auch für den Vereinssport. Es gilt aber, mit der Situation umzugehen und Lösungen zu finden, mit der es uns auch möglich sein kann, unserer Sportart zukünftig nachzugehen. Es gäbe die Alternative, schlicht festzustellen, dass es gerade beim Sport auch längerfristig ein erhöhtes Infektionsrisiko geben wird und selbst wenn ein Impfschutz zukünftig gefunden werden wird, wird man dieses Risiko nicht gänzlich ausschließen können. Im Ergebnis bedeutet dies aber, dass man sich dann gänzlich gerade von Sportarten verabschieden müsste, bei denen es zu einem Körperkontakt kommen kann.
Wir sehen es als unsere Verpflichtung gegenüber unseren Mitgliedern, Fans und Partnern an, Lösungen zu finden, die gerade dieses Ergebnis ausschließen und die gleichzeitig jegliche Risiken so weit reduzieren, wie es nur möglich ist.
So arbeiten wir intensiv an der Umsetzung von Konzepten für den Trainingsbetrieb und für die Durchführung von Veranstaltungen. Alle Ergebnisse und Erfahrungen, die wir dieses Jahr bereits umsetzen können, werden uns dann spätestens im kommenden Jahr erfolgreich bereits zur Verfügung stehen, während andere Vereine erst in der Planungsphase sind. Insoweit stellt das Jahr 2020 bereits eine Vorbereitung für das Jahr 2021 dar.
In diesem Zusammenhang kann ich auch berichten, dass wir trotz der schwierigen Situation in diesem Jahr bereits mit verschiedenen neuen Partnern im Gespräch über eine zukünftige Zusammenarbeit sind. Die Rahmenbedingungen rund um den Game Day werden sich zukünftig positiv zugunsten der Munich Cowboys ändern. Soweit wir also die Herausforderungen der gegenwärtigen Pandemie bewältigen, dürfen wir durchaus optimistisch in die Zukunft blicken.
Wir sind uns aber auch stets bewusst, dass es hier weiterhin „nur“ um Sport geht und jeder in diesen Tagen durchaus auch größere und wichtigere Probleme haben kann. Spätestens durch diese Pandemie sollten wir alle wieder die Bedeutung von Demut verstehen. Wir wollen gerne mit aller Energie weiterhin dazu beitragen, dass unsere Mitglieder, Fans und Partner auch wieder mit Freude und ohne ein Gefühl von Angst und Sorge zu uns ins Stadion kommen können, um einen Ausgleich für den Alltag zu erfahren und mit einer tollen Erfahrung wieder nach Hause gehen können.
MCM: Vielen Dank für dieses informative Gespräch.